Peter Anderegg  

März 2020

Nein + Nein + JA = NEIN zum Rosengartenprojekt!

             

Das unerwartet wuchtige Nein der Zürcher Bevölkerung zum Rosengartentram und Rosengartentunnel war überraschend. Mit je rund 63% Nein-Stimmen wurden das Spezialgesetz und der Rahmenkredit abgelehnt. Schade, damit ist die Chance für eine Lösung am Rosengarten für längere Zeit vom Tisch ist – insbesondere für eine Tramtangente. Offenbar haben wir Befürworter die Stimmung innerhalb der Bevölkerung grossern Infrastrukturbauten gegenüber falsch eingeschätzt.

Der öV-Ausbau am Rosengarten war auch der Grund, wieso ich als Präsident der IGöV Zürich zusammen mit der Präsidentin des ACS Zürich, Ruth Enzler, das Co-Präsidium im Komitee «JA zur Chance Rosengarten» übernommen habe. Diese wichtige Tramtangente stand für mich im Vordergrund. Die oberirdische Realisierung dieser Tramlinien erforderte aber eine unterirdische Führung des Autoverkehrs mit täglich rund 56'000 Fahrzeugen. Damit hätte auch das Quartier nach bald 50 Jahren Verkehrs-Provisorium wieder zusammengeführt werden können. Der dringend notwendige tangentiale Ausbau des bis jetzt radialen Zürcher Tramnetzes zwischen Zürich Nord und Zürich West und Süd ist jetzt vorläufig gestoppt. Der Hauptbahnhof kann damit nicht entlastet werden, und die Aufnahme der Fahrgäste am Bahnhof Hardbrücke bleibt überlastet. Die Gegner der Vorlage haben keinen realistischen Weg aufgezeigt, wie das von der VBZ prognostizierte Wachstum von rund 100 Mio. Fahrgästen pro Jahr bis 2030 aufgefangen werden soll. Aber es wird und muss weitergehen.

Auch wenn autoseitig verständlicherweise weniger Druck vorhanden ist für eine andere Lösung – der Verkehr rollt ja einigermassen, sollten wir letztlich gemeinsam weiterdenken. Während der erspriesslichen Zusammenarbeit zwischen einer Auto- und einer öV-Organisation diskutierten wir auch Ansätze einer sachbezogenen Verkehrspolitik.
Für mich ein wichtiger Aspekt ist die Ausweitung des betrachteten Raums. Der Verkehrsraum Zürich ist weit grösser ist als die politische Stadt Zürich. Nur ticken die Stadt Zürich und die umliegenden Gemeinden politisch nicht gleich. Um eine kohärente Verkehrspolitik für den Grossraum Zürich zu betreiben, ist es zentral, dass wir die Entwicklung gemäss dem Gesamtverkehrskonzept des Kantons Zürich vorantreiben.
Ein weiterer Punkt betrifft die Wahl der Transportmittel. Abhängig von der räumlichen Dichte, bzw. von der Anzahl Reisender haben diese ihre Vor- und Nachteile. In städtischen, dichten Räumen sind die Fussgänger und das Massentransportmittel – also der öV – im Vorteil: Sie können rund Dreiviertel des Personenverkehrs auf umweltverträgliche Art abdecken, das andere Viertel wird der MIV (motorisierter Individualverkehr) sein. Das Velo spielt zur Lösung der Verkehrsprobleme eine untergeordnete Rolle – auch wenn es zu einer lebenswerten Stadt gehört. Das zeigen Studien und das sehen auch Fachleute so – unter anderem auch aus der Stadt Zürich.

Ein heisses Eisen ist der Art.104 der Zürcher Verfassung, welcher seit drei Jahren zusätzlich festhält, dass die Strassenkapazität nicht reduziert werden darf. Dieser Artikel sollte überdacht werden – und zwar radikal. Mit radikal meine ich, dass sowohl dieser neue Zusatz als auch der bisherige Absatz zur öV-Förderung nicht verfassungswürdig sind und gestrichen werden sollten. Solche Einschränkungen auf Verfassungsstufe hindern uns an einer kohärenten Verkehrsplanung.
Der ursprüngliche Satz in Absatz 1 und Absatz 2 genügten vollauf:

                                                                                                  


Allenfalls verträgt dieser Absatz einen kleinen Zusatz, damit klar wird, dass Siedlungsraum und Verkehr übereinstimmen sollten. Oder einfacher gesagt: Das richtige Transportmittel am richtigen Ort.
Verkehrsprobleme können wir nur gemeinsam lösen. Wir dürfen sie nicht den «Tempo-Bolzern» auf der MIV-Seite und den «Puffer-Küssern» auf der öV-Seite überlassen.

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