Peter Anderegg    

November 2019

     

Kein Tram ohne Autotunnel am Rosengarten!

Keine Tramlinie ohne Autotunnel am Rosengarten! Das jetzige Gesamtverkehrsprojekt Rosengartentram und Rosengartentunnel ist eine pragmatische Lösung für Stadt Zürich und Kanton Zürich, gemeinsam erarbeitet von diesen beiden. Da es sich um ein strategisch wichtiges Vorhaben für den Zürcher Lebens- und Wirtschaftraum handelt, finanziert der Kanton den Hauptteil der Kosten von gut einer Milliarde Franken. Das ist viel Geld, aber die langfristige Investition in Schiene und Strasse ist eine Generationeninvestition, und das Geld ist im Verkehrs- und Strassenfonds eingestellt. Auch wenn der Bund bereits in dieser frühen Projektphase Nachbesserungen verlangt, kann davon ausgegangen werden, dass er sich letztlich über die Agglomerationsprogramme mit rund einem Drittel an den Kosten beteiligen wird – das war übrigens auch bei der Limmattalbahn nicht anders.

Mit dem Bau von zwei Tramlinien als öV-Tangenten zwischen Zürich Nord und den westlichen und südlichen Teilen der Stadt wird der Hauptbahnhof entlastet und der Bahnhof Hardbrücke besser ins städtische Netz eingebunden. Dieser öV-Ausbau ist zentraler Bestandteil der VBZ-Tramnetzstrategie. Mit dem Rosengartentram kann die öV-Kapazität auf der Achse von heute 1’900 auf 3’500 Personen pro Stunde und Richtung fast verdoppelt werden. Sämtliches künftiges Mobilitätswachstum wird mit dem öffentlichen Verkehr aufgefangen. Dazu braucht es eine Lösung für den motorisierten Individualverkehr (MIV), der aus fast 95 Prozent städtischem Ziel-, Quell und Binnenverkehr besteht – es ist also keine Transitachse. Erst durch den Autotunnel entsteht oberirdisch Platz für das Tram und ein lebendiges Quartier mit Fuss- und Veloverkehr. Wer glaubt, diese wichtige Tramverbindung sei ohne eine Lösung für den Autoverkehr zu haben, irrt gewaltig. Einerseits hat das Stimmvolk des Kantons Zürich 2017 einen Verfassungsartikel angenommen hat, der besagt, dass bestehende Strassenkapazität nicht reduziert werden darf – ob einem das gefällt oder nicht. Anderseits lehnten die Stadt Zürcher/-innen 2010 nur eine Tramlösung mit einer Zweidrittelmehrheit ab.

Im Gegensatz zum öV gibt es beim MIV keinen Kapazitätsausbau; das übrige Strassennetz könnte das gar nicht schlucken. Es sind die Knoten im anschliessenden Strassennetz der Hardbrücke und der Strassen südlich der Gleise, welche die Verkehrsmenge am Rosengarten bestimmen. Die Kapazität wird mit dem Projekt nicht höher sein als die heutigen max. 56‘000 Fahrzeuge pro Tag – 53’000 durch den Tunnel, 3’000 über die Rosengarten/Bucheggstrasse. Das geht klar aus der Weisung zur vom Kantonsrat verabschiedeten Vorlage und der Vereinbarung zwischen Stadt- und Regierungsrat hervor. Regierungspräsidentin Carmen Walker Späh hat zudem im Rahmen einer Infoveranstaltung bestätigt, dass dieser Eckwert in der Weisung zur Abstimmungsvorlage enthalten sein wird, die vom Regierungsrat beschlossen wird. Mit flankierenden Massnahmen im Rosengartenquartier wird unerwünschter Ausweichverkehr verhindert. Das Kombiprojekt öV und MIV erlaubt es zudem, die bald 50-jährige Quartier trennende Verkehrsschneise zu schliessen. Es lässt sich nicht von der Hand weisen, dass das Projekt eine städtebauliche Herausforderung darstellt. Bei einer Annahme der Vorlage werden Stadt und Kanton Zürich sowie dereinst die einbezogenen Architekturbüros der sorgfältigen Planung und möglichst quartierverträglichen Gestaltung grösste Beachtung schenken.

Ein Projekt des 21. Jahrhunderts solle nicht mit Lösungsansätzen aus dem 19./20. Jahrhundert angegangen werden, wird moniert. Der Einspruch mag berechtigt sein, nur verkennt er, dass seit bald 50 Jahren keine Lösung gefunden wurde. Es braucht eben auch im 21. Jahrhundert manchmal Umsetzungen, bei denen «Schaufel» und «Pickel» in die Hand genommen werden müssen. Man müsste sonst den betroffenen Anwohnerinnen und Anwohner der Rosengartenstrasse erklären, wieso wir seit zwei Generationen nichts tun. Es nützt den Betroffenen wenig, wenn wir von einem autofreien Zürich träumen, mit allenfalls ein paar autonom fahrenden Elektromobilen, welche die Rosengarten hinauf und hinunter säuseln. Ebenso ist es zynisch, billigen Wohnraum mit einer lärmigen und dreckigen Rennbahn zu rechtfertigen. Dann hätte man ebenso gut die Wiederherstellung der Weststrasse (siehe auch PS) sein lassen können. Aufwertung von Wohngegenden, sogenannte Gentrifizierung, ist Teil einer Stadtentwicklung. Eine Stadt kennt andere Mittel, um günstigen Wohn- und Gewerberaum zu erhalten.

Fazit: Es wird keine Tramtangente geben ohne den Autotunnel aber auch keine Quartieraufwertung, welche diese hässliche Verkehrsschneise in der Stadt Zürich schliesst. Das Projekt Rosengartentram&Rosengartentunnel ist eine pragmatische Gesamtverkehrslösung von Stadt und Kanton Zürich, ein klassisch schweizerischer Kompromiss.

Am 9. Februar 2020: 2 x JA zum Spezialgesetz und Rahmenkredit!

Als Präsident der IGöV Zürich engagiere ich mich im Co-Präsidium des Komitees «JA zur Chance Rosengarten» zusammen mit der Präsidentin des ACS Zürich, Ruth Enzler.
Helfen Sie mit, der Vorlage zum Durchbruch zu verhelfen und werden Sie Mitglied im Komitee «JA zur Chance Rosengarten».

PS: Es gibt auch eine ganz persönliche Motivation, mich für das Rosengartenprojekt einzusetzen:
Die eigene Erfahrung auf der anderen Seite der provisorischen Westtangente – an der Weststrasse. 1972 wurde das «zweijährige Provisorium» eröffnet. Die ersten zwanzig Jahre bis zu diesem Zeitpunkt lebte ich mit meinen Eltern an der Quartierstrasse Weststrasse, von 1972 bis 1974 an der Rennbahn Weststrasse. Im Juli 1974 sperrten wir Anwohner/-innen und Gewerbetreibende zu Beginn der Sommerferien die Weststrasse mit Sperrgut und Abfall – immerhin gab’s dann eine Nachtsperre. Meine Familie und ich hatten allerdings genug vom Dreck, Lärm und vibrierenden Fensterscheiben und zogen weg – es dauerte dann noch 37 Jahre, bis 2011 die Weststrasse wieder zur Quartierstrasse wurde.

             

Weststrasse 1972 - 2010       Wir Anwohner/-innen sperren die Weststrasse             Weststrasse 2019

«Weststrasse im Wandel», Dezember 2008, Stadt Zürich, ZHdK, ZHAW

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